Holocaust-Mahnmal für alle?


(2004)

Das Holocaust-Mahnmal ist ein bauliches Symbol für europäische jüdische Opfer, die durch die Schreckensherrschaft des NS-Regimes gequält, erniedrigt und ermordet wurden. Ein künstlerisch beeindruckender Ort des Gedenkens und der Information, die der heutigen Generation vor Augen führen soll, daß Wahn und Geist der damaligen Zeit sich niemals wiederholen darf. Jeder Einzelne kann sein Herz und sein Gewissen beleuchten und dazu beitragen, daß dies gelingen möge.

Aber dennoch stellt sich die Frage, ob dieses Monument nicht eine Gedenkstätte für alle Opfer und für alle Insassen der Konzentrationslager und der Hinrichtungsstätten sein kann?!

Jeder Schicksalsweg, jedes Opfer ist doch sicherlich in Gottes Augen gleichrangig, denn er ist ein Gott der keine Parteilichkeit duldet, weil er es als Sünde ansieht. Wenn unser Schöpfer so denkt, sollten wir Menschen nicht ebenso eingestellt sein und entsprechend handeln?

Außer den verfolgten und ermordeten Juden, die natürlich die größte Gruppe bildete, gab es auch andere Opfergruppen, derer man genauso gedenken sollte. Man denke an die Zivilbevölkerung, die bei den sinnlosen Bombardierungen ihr Leben verlor, an die Sinti und Roma, die als Untermenschen galten, an die Zeugen Jehovas, die für ihren Glauben und den Widerstand gegen Hitler verfolgt und ermordet wurden, an die Homosexuellen, an die Widerstandskämpfer aus den christlichen Kirchen, an die Sozialisten, an die Kommunisten, an die Behinderten und an all diejenigen, die den Menschenversuchen ausgesetzt waren und dabei ihr Leben lassen mußten. Viele der KZ-Überlebenden litten bis zu ihrem Tod an den Folgen der Grausamkeiten oder leiden noch heute an den traumatischen Erlebnissen.

Viele Menschen denken in gleicher Weise und würden es gerne befürworten, daß allen Betroffenen das gleiche Gedenken gebührt. Vor unserem Schöpfer sind wir jedenfalls alle gleich.

© Heidrun Gemähling